Bringt den Esel nicht um

16.07.-26.07.2010: Trekking zum Zanskar-Tal

Stell dir vor, du liegst im Zelt, am Base Camp des Sengge La auf 4.600 Meter Höhe, eingepackt in deinen Schlafsack und es ist stock finster. Völlige Stille, nichts zu hören, lediglich der Fluss, der Unmengen Gletscherwasser den Hang hinunter spült.
Du hörst dich selbst ganz ruhig und gleichmäßig atmen und du beobachtest dein eigenes Wohlbefinden, da die Höhe etwas besonderes für dich ist.
Plötzlich aus dem Nichts trifft dich fast der Schlag. Dir bleibt der Atem stehen. Es ist nicht die Höhe, die dir die Luft raubt, sondern herzerweichende kurze Schreie.
Du sitzt kerzengerade im Zelt (sofern das die Höhe des Zeltes zulässt) und nach kurzer Besinnung kannst du das Geräusch zuordnen. Eselgeschrei raubte die Stille.
Jemand muss direkt neben unserem Zelt einen Esel umbringen. Anders kann es nicht sein!
Oder doch?
Dieser besagte Esel wurde diese Nacht etwa 10x umgebracht. Jedoch am Morgen stellten wir fest, dass er immer noch am Leben war. Was hatte in so zum Schreien gebracht?

Nach näherer Betrachtung war klar - Dieser Esel war die Nacht ziemlich allein. Die Eseltreiber hatten ihn direkt neben unser Zelt an einen Pfosten gebunden, während seine Artgenossen gemeinsam die Umgebung durchkämmen durften.
Tage später haben wir den Esel wieder getroffen. Dieses Mal wurde er auf einer abgelegenen Weide angebunden - auch alleine. Der Grund lag wohl in seinen Hormonen. Bei Kontakt mit weiblichen Artgenossen konnte er sehr aufdringlich sein und vor allem noch lauter schreien.

Eigentlich hätte er viel mehr Grund gehabt tagsüber zu schreien. Es war unbeschreiblich mit wie viel Gepäckt so ein kleines Tier beladen wurde, und das alles nur, damit Trekking in dieser Regionen möglich ist. Es herrscht hier Natur pur, so dass alles vom Zelt über Geschirr, Gasflaschen bis hin zum Essen mitgenommen werden muss.
Spannend wird es, wenn sich große Gruppen von 15 - 20 Touristen plus Personal (Viehtreiber, Koch, Helfer usw.) über die Pässe zwängen. Man kann hier wirklich von zwängen sprechen, da pro Person etwa 2 Esel für Gepäcktransport benötigt werden. Wir hatten zwei dieser riesen Gruppen getroffen. Trotz deren Größe, war es für uns immer wieder ein wunderbares Schauspiel den kleinen Vierbeinern bei der Arbeit zu zuschauen. Den Job der Eseltreiber wollten wir nicht machen. Sie sind teilweise die Pässe am Tag zweimal gelaufen, da die Kleinen so ihren eigenen Kopf hatten.

Wir waren als 5er-Gruppe plus Personal (Guide, Koch, Pferdetreiber, Helfer) unterwegs. Eigentlich sollten uns Esel begleiten, jedoch unsere Agentur konnte Keine auftreiben (kein Wunder, die waren ja mit den zwei großen Gruppen unterwegs). So hatten wir dann 7 Pferde, die unser Gepäck ohne Starrsinn über die Pässe trugen.
Auch wir haben die Pässe gut gemeistert. Jeder Pass hatte so seine eigene Herausforderung, jedoch wurden wir immer mit einer atemberaubenden Landschaft belohnt.