Nirvana, Bodhisattvas und die kommenden Weltzeitalter

Buddhistische Königreiche: Ladakh, Zanskar und Nubra Valley

Als wir nach einem atemberaubenden Panoramaflug von Delhi nach Leh unseren Fuß auf diese heilige Erde setzten, war uns nicht bewusst, dass wir die Wiege des Buddhismus betreten würden.
Es ist überliefert, dass von der Region Ladakh aus die sanfte Lehre in verschiedene Teile Tibets wanderte (und nicht umgekehrt). Heute gilt Ladakh als eine der letzten Flecken, wo man noch tibetischen Buddhismus praktiziert.

Bereits am ersten Tag in Leh, lag in unserem Zimmer ein deutsches Buch mit dem Titel „Nimm dein Leben ganz in deine Arme“ von Thich Nhat Hanh – ein bedeutender Lama, der in diesem Buch die Lehre Buddhas über die Liebe beschreibt. Es war genau das richtige Buch zur Einstimmung auf diese so friedliche Region Ladakh. Heißt es doch so schön am Ende des Buches:

„ Bitte erlerne und übe die Kunst des achtsamen Lebens, die Kunst glücklich zu sein und anderen Glück zu schenken. Das ist die Liebesmeditation. Sie bedeutet tief im gegenwärtigen Moment zu leben.
Wir verlassen uns auf dich.“


Eine Woche später waren wir auf dem Zanskar-Trail unterwegs. Auch hier war der Buddhismus uns überall zugegen. Unser Führer gab mir ein Taschenbuch mit dem Titel „The life of Milarepa“ Tibet's great Yogi von Lobzang Jiraka 1962. Ich hielt ein bedeutendes Standardwerk des Buddhismus in den Händen. Es beschreibt die unterschiedlichen Begrifflichkeiten und zeigte die Beziehung zwischen Schüler und Lehrer auf. In diesem Buch ist Milarepa Schüler bei Marpa, der damals wohl der bekannteste spirituelle Lama war.
Jetzt hatte ich zwei Standardwerke plus unsere Kunstreiseführer gelesen und musste trotzdem feststellen, dass ich bezüglich des Buddhismus nichts wusste. Jedes Kloster, das wir besuchten zeigte eine andere Gewichtung der Glaubensfragen. Auch waren die Gottheiten und Geister völlig verschieden.


Jedoch im Kern sind sich alle einig: Das Ziel des irdischen Lebens ist die Befreiung allen Seins von den endlosen Leiden, die das Gefesseltsein ans Rad der Wiedergeburt mit sich bringt. Diese Erlösung kann durch Erleuchtung, den Zustand der absoluten Einsicht in die wahre Natur der Dinge, erfolgen.

Unzählige lokale Gottheiten und Geister aus Tibet wurden von den großen Gurus (wie beispielsweise die oben erwähnten Marpa oder Milarepa) in die neue Lehre integriert. Zu guter Letzt gliederte man das Universum anhand einer allumfassenden Synthese in eine Götterhierarchie auf. Es gibt gute und böswillige Geister sanften oder finsteren Charakters und Buddhas, die nach Ewigkeiten das Nirvana akzeptierten, das heißt, deren individuelle Seele sich mit der kosmischen vereinigte.

Die Bodhisattvas dagegen verkörpern Mitgefühl und sind von der Erleuchtung durchdrungen, sie verzichten jedoch auf das Nirvana, bis die letzte Seele dank ihrer Hilfe Erlösung erfährt.

Auch gibt es nicht den Buddha. Mit nachlassender Bedeutung des Dhyani-Kults gewann das Konzept der tausend Zeitalter an Wichtigkeit: Jedes davon wird durch einen Buddha repräsentiert. Shakyamuni, der historische Buddha, steht danach an vierter Stelle. Von den 996 noch zu erwartenden Buddhas wird der Buddha des kommenden Weltzeitalters – Maitreya – am häufigsten dargestellt.
Wir konnten ein Wunderwerk dessen in Diskit (im Nubra Valley) bestaunen. Dieser Buddha wurde eine Woche zuvor von Dalai Lama enthüllt und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Mein Wunsch an Maitreya ist, dass das Land seine atemberaubende Schönheit behält, die Menschen an ihrer Religion festhalten und ihre Mentalität, die ein Reisender vor fast 300 Jahren als „freundlich, fröhlich und liebenswürdig“ beschrieb, auch in Zukunft bestehen bleibt.