Eine Reise durch Lateinamerika

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Eine Reise durch Lateinamerika

 

  Schreien hilft

 

  oder: Freu dich erst wenns vorbei ist!   (Momentaufnahmen einer Tour in den Torotoro National Park)

 
 

  Samstag, 05.08.2006
  08.00 Uhr

   

Eigentlich sollten wir schon seit 06.00 Uhr unterwegs sein. Zwei Deutsche, eine Engländerin und 10 Bolivianer. Der letzte Bolivianer kam so gegen 06.20 Uhr an. Hätte aber auch nichts geändert, denn als alle drei Jeeps belanden waren, wurde an einem ein Plattfuß festgestellt. Also alle wieder raus und Reifenwechseln. Die 160 km Schotterpiste nach Torotoro ohne Ersatzreifen zurückzulegen ist allerdings auch nicht anzuraten. Also musste der andere Reifen erstmal repariert werden. Dann ging es auch schon los!

 
 

  08.30 Uhr

   

Erste halbstündige Pause 'Ha, ha, auf dem Markt könnt ihr mal ein bischen einkaufen gehen. Frühstück und alles was ihr vielleicht noch braucht'. Gesagt getan, wir haben uns Brötchen und Käse gekauft und in der morgentlichen Saukälte im Stehen gefrühstückt.

 
 

  09.30 Uhr

   

'Frühstückspause' !?! Nach einer halben Stunde Fahrt hielten wir in einem weiteren Ort. 'Wir haben Sandwiches und Tee dabei! Warum wollt ihr eigentlich nichts essen? Habt ihr keinen Hunger?' - kein Kommentar von unsere Seite ...

 
 
 
 

  14.00 Uhr

   

Wir haben die 160 km dann doch hinter uns gebracht und sind in dem Kaff Torotoro angekommen. In der Zwischenzeit hatten wir noch mindestens 7 mal Pause gemacht, jedem Kind auf der Strecke ein (und tatsächlich jeweils nur ein) Bonbon geschenkt ('Ich liebe Kinder' sagte unser Guide Riner mindestens 1000 mal) und unseren Jeep fast zum Überschlag gebracht ('An dieser Stelle fahre ich immer etwas schneller!' lachte Riner).
Aber ... ein Jeep fehlte! 'Wir warten mal noch ein bischen mit dem Mittagessen!' sagte Riner, 'ihr könnt euch ja schonmal das Museum anschauen und wenn alle da sind schauen wir uns die Höhlen gemeinsam an.'

 
 

  18.00 Uhr

   

Wir haben das dämliche Museum besucht. Am nächsten Tag in der Höhle konnte ich dann auch sehen, wo die abgebrochenen Stalaktiten her waren mit denen das ganze 'Museum' dekoriert war (Da fällt mir außer dem Begriff 'Ignoranz' eigentlich nichts ein). Um 16.00 Uhr sind wir dann auf eigene Faust losgezogen um uns die Dinospuren am Ortseingang anzuschauen. Dadurch haben wir (leider, leider) das Mittagessen um 17.00 Uhr verpasst. Anschließend sagte mal wieder Riner: 'Ha, ha, nachdem jetzt alle da sind, warten wir noch kurz bis alle mit dem Essen fertig sind. Dann schauen wir uns die Dinospuren am Ortseingang an (???!!! - hier habe ich - Thomas - Riner dann zu erstenmal angeschnauzt!) weil es für die Höhle heute schon zu spät ist. Danach gibt es dann Abendessen!'

 
 
 
 

  20.00 Uhr

   

Wir essen zu Abend. Hühnchen und Reis in der allerletzten Dorfkneipe. Um 18.15 Uhr war Sonnenuntergang. Wir hatten uns die Spuren fast schon im Dunkeln angeschaut. Kein Problem für uns. Wir waren ja schon einmal vorher bei Tageslicht da. Danach im Dunkeln ein kurzes Kennenlernen. 'Wie heisst ihr, woher kommt ihr und hat es euch bisher gefallen??', fragte Riner ... Vor dem Abendessen konnten wir noch einen Umzug im Ort genießen; wenn wir schonmal hier sind!

 
 

  20.15 Uhr

   

Wir liegen im Bett unserer Absteige. Fließendes Wasser gibt es leider nicht und die Schöpfbecken für die Toilette sind auch schon fast leer wie übrigens an allen folgenden Tagen. Was solls - über sowas beschweren wir uns schon lange nicht mehr! Dann gehen wir halt nicht aufs Klo und drei Tage ohne waschen ist doch 'Kindergeburtstag'.

 
 

  Sonntag, 06.08.2006
  06.30 Uhr

   

Wecken war für 05.00 Uhr angesagt. 'Wir müssen früh aufstehen, damit wir die verlorene Zeit einholen. Als erstes zur Höhle, frühstücken werden wir dann dort!' hat uns Riner gestern abend noch versprochen. 05.05 Uhr sind wir aufgestanden und 05.15 Uhr saßen wir im Bus. Dort sitzen wir immer noch und er hat sich noch keinen Millimeter bewegt. Von Riner fehlt jede Spur.

 
 
 
 

  08.30 Uhr

   

Der Bus ist doch losgefahren. Nach 30 Minuten mussten wir aussteigen und die restliche Strecke (45 Minuten) zur Höhle laufen. Auf halber Strecke fährt Riner mit dem Auto an uns vorbei, hupt, 'Hallo, habt ihr gut geschlafen? Ich muss leider fahren, weil ich ja das Frühstück dabei habe!' Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass wir ein bolivianisches Ehepaar um die 70 dabeihatten, das nahezu nicht mehr laufen konnte! Nach dem Frühstück ein neues Highlight: 'Leider könnt ihr eure Rucksäcke nicht mit in die Höhle nehmen - viel zu eng - wir werden sie hier vor dem Eingang deponieren und unser Guide (der der auf Bäumen wohnt - wartets ab!) passt darauf auf!'. Gesagt, getan nur kam es uns schon komisch vor, als der Guide die Rucksäcke unter einem Fels versteckt und beim Abmarsch in die Höhle mit Helm neben uns steht! 'Und wer passt auf die Rucksäcke auf?' - 'Ha, ha, hier ist noch nie was geklaut worden!' sagt mal wieder Riner. Wir lassen unseren Rucksack nicht allein, da wir Laptop und Videokamera immer dabei haben. In der Absteige konnten wir die Sachen ja auch nicht lassen. (Ich wurde zum zweitenmal eklig!) Im Endeffekt wollte Marion dann bei unseren Sachen bleiben und ich sollte wenigstens ein paar Bilder von der Höhle machen. 'Wir sind in einer Stunde wieder zurück', sagte ... ja natürlich, unser Super-Guide Riner.

 
 

  11.30 Uhr

   

Wir sind nach 3 Stunden wieder aus der Höhle gekommen. Klettern am Seil über 3 Meter hohe Felsen, robben auf dem Bauch durch 30 cm hohe Gänge usw. hatte nicht jeder der Teilnehmer erwartet und der Ausflug hat mindestens eine Digitalkamera zerstört. Schneller wäre die Höhlenexpedition sicher nicht zu machen gewesen. Und ... nachdem, welche Gestalten den Höhleneingang in unsere Abwesenheit heimgesucht hatten, wären unsere Rucksäcke ohne Marions Bewachung garantiert verschwunden gewesen.
Zurück in den Ort. 'Ruht euch erstmal aus! Mittagessen gibt es an der üblichen Stelle und um 15.00 Uhr geht es weiter. Wir schauen uns die versteinerten Abdrücke von Schildkröten an, die sich in der Nähe befinden', sagte ... Riner und war verschwunden.

 
 
 
 

  15.30 Uhr

   

Mittagessen gab es ganz woanders. Und nicht nur wir hatten das dann wohl falsch verstanden. Jetzt kam mal so langsam einer der Fahrer: 'Wo seit ihr denn? Wir wollen los!' Kaum waren wir am Treffpunkt kommt Riner angerannt: 'Lauft einfach dem Guide hinterher!' - Ein zwölfjähriger Junge - 'Die Abdrücke sind nicht zu verfehlen!' - Und wieder war er verschwunden.
Ein Minute hinter dem 'Guide' her und plötzlich war auch er verschwunden 'Ich muss nur kurz was erledigen!' - Ich bin ausgeflippt und bin zurückgerannt um Riner 'rund zu machen'. Aber er war ja weg. Mittlerweile war aber der Guide wieder da und wir konnten die zwei Kilometer zu den Versteinerungen dann doch zurücklegen. Auf halber Strecke fuhr Riner mit dem Auto an uns vorbei. Dabei die beiden älteren Bolivianer. Ich habe ihm mal prophylaktisch durch das Fenster geschrien, dass ich ihn für den schlechtesten Guide aller Zeiten halte ...

 
 

  17.00 Uhr

   

Wir hatten die Spuren immer noch nicht gesehen. Die Stelle gehört zu einem anderen Dorf und der Schlüssel war nicht aufzutreiben. Als der Schlüssel da war wollte das andere Dorf Eintritt verlangen. Keiner wollte zahlen, da Eintritte im Tour-Preis enthalten waren. Nach langem Hin und Her (es wurde schon wieder dunkel) haben wir beide uns auf den Rückweg gemacht. So wichtig sind die Spuren auch nicht. Unser 'Guide' Riner hat sich in der Zwischenzeit übrigens in sicherer Entfernung von ungefähr 200 m gehalten. Als wir auf dem Rückweg an ihm vorbei sind kam die Frage: ' Warum geht ihr nicht rein?' - mittlerweile konnten wir nur noch lachen und haben die Frage dann doch nicht mehr kommentiert.

 
 

  19.00 Uhr

   

Zurück im Ort haben wir uns erstmal ein Bier gegönnt und beschlossen einen Bericht hierüber zu schreiben. Das ist so eine Geschichte, die man auch noch in zehn Jahren erzählen kann. Das Abendessen ließen wir ausfallen. Hühnchen mit Reis kann ich eh nicht mehr sehen und wenn es dann noch nach nichts schmeckt ...

 
 
 
 

  Montag, 07.08.2006
  06.00 Uhr

   

Aufstehen! Da wir nicht wussten was heute geboten ist haben wir erstmal die anderen gefragt: 'Wanderung zum Torotoro-Canyon! Aber erst gibts Frühstück!'

 
 

  08.00 Uhr

   

Frühstück gabs wieder woanders und alle mussten sich erstmal durch den Ort fragen. Hätten wir uns eh sparen können, da zwei steinharte Brötchen und heißes Wasser nicht unbedingt das sind, was man um 06.00 Uhr morgens dringend benötigt. Marmelade und Käse was es normalerweise zu jedem bolivianischen Frühstück gibt, hatte der Wirt leider nicht ...
Treffpunkt nach dem Frühstück war der Hauptplatz des Ortes. Von Riner mal wieder keine Spur! Irgendwann kam dann mal der 'Baumbewohner' vom Tag zuvor und es ging auch schon los! Riner kam kurz vor Start mit dem Auto und den beiden Rentnern vorbei: 'Ich muss die beiden fahren aber ... (Namen vergessen - der Baumbewohner) kennt sich ja aus!'

 
 

  15.30 Uhr

   

Die absolut geniale, aber auch sehr anstrengende, Wanderung durch den Torotoro-Canyon hatte uns schon fast versöhnt und nach der Rückkehr in den Ort nur noch die Sachen packen und in 4 - 6 Stunden zurück nach Cochabamba!
Doch freu dich erst wenns vorbei ist! Riner kam und teilte uns mit: 'Da wir ja ein defektes Auto haben' (der Leser erinnere sich an den ersten Tag) ' muss ich das Auto zurückschleppen. Da das vermutlich die ganze Nacht dauert und ich die Insassen des anderen Autos mitnehmen will müsst ihr mit dem nächsten Bus zurück fahren!' - Wir hatten wohl falsch gehört und jetzt war es an Marion mal so richtig auszurasten! Sie hat den ganzen Hauptplatz zusammengeschriehen und die Menschen sind wirklich aus den Häusern gekommen. Es hat gewirkt und ich glaube, dass noch nie ein Bolivianer einen anderen Menschen wirklich schreien gehört hat - 5 Minuten später saßen wir im letzten nutzbaren Jeep und sind mit den beiden Rentern nach diesmal nur 4 Stunden in Cochabamba angekommen. Ob die anderen noch in Torotoro sind wissen wir nicht und es ist uns auch völlig egal!!

 
 
 
 

So endete unser kleiner Ausflug in den Torotoro National Park und es wird jetzt sicher einige Bolivianer geben, die Deutsche nicht mehr leiden können.
Aber vielleicht noch ein Kommentar zum Schluss: In der ganzen Zeit gab es nicht einen Bolivianer, der sich beschwert hat. Nur einer hat sich mit seinem Sohn still und heimlich am Morgen des dritten Tages mit dem Bus abgesetzt. Dazu muss man noch wissen, dass die Bolivianer den gleichen Preis wie wir (65 Dollar pro Person) bezahlt hatten und die Summe für bolivianische Verhältnisse nicht gerade wenig ist (für viele ein typisches Monatgehalt). Sorry Jungs, aber mit dieser Gleichgültigkeit kommt ihr wirklich nicht weiter!!

 

Letzte Aktualisierung: 29-Aug-2006